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FLIEGENDER TEPPICH

Projekt Cairo Contact, Darb 1718, Center for Contemporary Art and Culture
Fustat-Bezirk, Alt Kairo 2017

300 dreieckige Sperrholzplatten, Fundmaterialien, blaue Farbe, Kabelbinder, Ausdehnung 70 m2



Die Idee zu dieser Installation entstand durch den Eindruck der lärmigen Straßen und Gassen von Kairo, die gefüllt sind mit hupenden Autos, Tuk-Tuk-Taxis, Eselskarren, Gemüse- und Brotverkäufern, Kindern, verschleierten Frauen. In den Straßencafés sitzen Schischa rauchende Männer, während die Muezzins aus übersteuerten Lautsprechern um die Wette rufen. Aus kleinen Läden und Handwerksbetrieben quillt das Leben zusammen mit dem Müll auf die Straßen. Die Fenster- und Balkonöffnungen der rohen Backsteingebäude sind mit Teppichen und orientalischen Tüchern verhängt, davor reiht sich die Wäsche.
Die Strategie des Suchens einer Lücke für die Kunst funktioniert nicht, denn die Lücke fehlt. Das umgekehrte Zerrbild dieser Welt, das sich wandelt, je nach Blickrichtung oder Fokus, und sich wie ein abstraktes Muster aus tausend Splittern zusammensetzt und gleich wieder zerfällt, besetzt als Projektion das Innere des überforderten Auges.

Diese Beobachtungen fließen in die Idee zu einem Teppichobjekt aus vielen Einzelteilen ein, die das orientalische Leben auf der Straße mit ihren kulturellen und umweltbedingten Aspekten widerspiegeln. Geplant war es, den "Fliegenden Teppich" als ein mobiles Objekt zu bauen, das begehbar und transportierbar ist und an verschiedenen Orten im Stadtraum in ausgebreiteter, gerollter, hängender oder zerknüllter Form auftaucht.
An diesem Projekt beteiligten sich im Rahmen eines Workshops regionale Künstler, Kinder und Anwohner aus der Nachschaft.

Die Basisstruktur besteht aus einer amorphen, faltbaren Fläche mit einem arabischen Knotenornament als übergreifendem, geometrischem Raster. Die dreieckigen Einzelteile, aus denen die Fläche zusammengesetzt ist, bestehen aus Sperrholz und sind durch bewegliche Scharniere miteinander verbunden. So kann die 70m2 große Gesamtfläche verbogen und gefaltet werden.
Für die Herstellung des Musters wurde das System eines orientalischen Girih-Musters aus dem 12. Jahrhundert übernommen, bei dem durch Aneinandersetzen von wenigen geometrischen Grundfiguren das typische Ornament mit 10eckigen Sternen entsteht, das bis heute viele Moscheen und Gebäude ziert. Die Zwischenräume des Musters wurden mit vielfältigen Objekten collagiert, welche die Umgebung repräsentieren, darunter Fotos, Holzornamente, Teppichstücke, traditionelle Textilien, Plastikmüll und Zeitungsausschnitte.
Zum Schluß wurde der "Fliegende Teppich", abweichend von der ursprünglichen Konzeption, nicht im öffentlichen Raum, sondern im Innenraum des Kunstzentrums Darb 1718 gezeigt, wo er wie eine gefaltete Materiallandschaft zwischen Wand und Boden installiert wurde.